Internoto Volume 31, no. 3, 2010
N. glaucinus F. Ritter östlich von Santana da Livramento?
Norbert Gerloff
Wann immer ich in der Umgebung von Santana da Livramento ein bisschen Zeit übrig habe, dann fahre ich an den Platz, an dem man vor mehr als 40 Jahren Frailea gracillima fa. lepida (Buining & Brederoo) Hofacker & Berka gefunden hat. Früher war diese Stelle der Kilometer 299 an der BR 293, doch inzwischen wurden die Kilometersteine an dieser Straße zweimal neu eingeteilt und nun ist die Differenz zu den alten Angaben mehr als 10 Kilometer groß. Heute ist diese Stelle der Kilometer 289 an der Brasilruta!
Die Zwergform von Frailea gracillima fa. lepida wächst inmitten von Frailea gracillima ssp. albifuscata (F. Ritter) Braun, die zwei- bis dreimal so groß wie die anderen werden und denen die schwarzen, etwas gehakten Mitteldornen fehlen. Da aus meinen Pflanzen mit der Feldnummer Gf 301 in der dritten und vierten Generation immer mehr Pflanzen entwickelt haben, die RITTER beschrieben hat und von P. BRAUN als F. gracillima ssp. albifuscata gesehen wird, meinte ich viele Jahre lang, dass ich im Jahre 1992 den genauen Fundort von F. lepida nicht erwischt hatte.

Frailea lepida
Ich suchte in den Folgejahren ein paar Kilometer zu beiden Seiten - fand zwei km östlich davon nur Formen von F. gracillima ssp. albifuscata mit 7 cm bis 10 cm Länge und 2 km westlich von der Stelle nur einige Paucispini, welche ich hier vorstelle und mit dem Material vom Kilometer 289 vergleiche.
An der Stelle am km 289 bricht der Untergrund nach Westen zu einem Bach hin ab und bildet vegetationslose Stellen. Früher befanden sich an der Abbruchkante stattliche N. sellowii (Link & Otto) S. Theun. von 10 cm Höhe und bis zu 13 cm Durchmesser. Im Jahre 2009 konnten wir von dieser Art leider nur noch ganz wenige Pflanzen sehen. Die wenigen noch vorhandenen - aber schon blühfähigen - Pflanzen waren nur bis 7 cm groß. Da sie alle Befall von Schildläusen haben, wurde uns die Ursache klar, warum die großen Pflanzen eingegangen waren.
Dann gab es hier einige wenige Vertreter der Gruppe der Paucispini zu sehen, wenn man sie endlich gefunden hatte, denn sie sind fast ganz im Boden versteckt. Im Jahre 1998 war ich im Winter in Rio Grande do Sul und notierte am Kilometer 291,5 N. linkii (Lehm.) Heiler Gf 815, sowie N. glaucinus F. Ritter Gf 816! Ein ganz normaler N. ottonis (Lehm.) A. Berger ex Backeb. mit rotbraunen Dornen wurde auch gesehen und nicht weiter beachtet. Er bekam auch keine Gf-Nummer. Diese Paucispini vom Kilometer 291,5 hatten bis 10 cm Breite und 4 cm Höhe, in der blaugrünen Körperfarbe waren sie einheitlich. Das war der Grund für meine Zuordnung zu N. glaucinus. Die Zahl der Rippen schwankte von 8 bis 11. Die Rippenzahl 10 kam am häufigsten vor. Ich konnte sie über zehn Jahre lang in der Kultur identifizieren, beobachten und Samen davon vertreiben. Hier die Erstbeschreibung: Friedrich RITTERs (1979) aus Kakteen in Südamerika.
Notocactus glaucinus F. Ritter
Beschreibung: Körper: blaugrün, flachkugelig, in der Regel einzeln, aber mit schlafenden Brutknospen an den Wurzeln, 6 cm bis 12 cm breit; 7 bis 12 tiefe, scharfe Rippen, senkrecht verlaufend, im Querschnitt dreieckig, 10 bis 20 mm hoch, schärfere Kanten und tiefer als bei N. ottonis. Runde Areolen in 5 mm bis 10 mm freier Entfernung, weißfilzig, 2 bis 4 mm Durchmesser, in 2 bis 4 mm tiefen Kerben der Rippen.
Dornen: gerade, hellgelb, nadelförmig, die stärkeren rot mit gelben Spitzen, Mitteldornen 3, bräunlich, Randdornen 10 bis 12, 1 cm bis 3 cm lang, meist abstehend, am oberen Bereich der Areolen, oft ein Büschel abstehender gelber Borsten.
Blüten: am Scheitel, glänzend zitronengelb, 5 bis 7 cm breit, weit trichterförmig, geruchlos oder etwas duftend, Schlund gelb; Fruchtknoten hellgrün, bis unten bedeckt mit weißlicher bis bräunlicher Wolle und mit braunen Borsten, Schuppen klein, vertrocknend. Nektarrinne um 1 mm hoch, mit Nektar, schwach bis intensiv purpurn. Petalen 25 mm bis 30 mm lang, 5 bis 7 mm breit, stumpf oder wenig zugespitzt, hell zitronengelb, die äußeren mit purpurnen Enden; Röhre trichterförmig, 14 bis 19 mm lang, innen intensiv zitronengelb, außen wie bei N. ottonis bewollt und mit Borsten, Staubfäden ebenso intensiv zitronengelb, 8 bis 15 mm lang, die mittleren am längsten, Staubbeutel blass gelb, Insertionen bis zum Saumrand. Griffel blassgelb, 22 bis 26 mm lang, wovon bis 5 mm auf die 10 bis 15 purpurnen bis rubinroten Narbenlappen entfallen. Samen: nicht wesentlich verschieden zu N. ottonis.
Fundgebiet: Typ aus der Umgebung von Santiago, Rio Grande do Sul, ziemlich zerstreut: FR 1376, (HU 61).
Ergänzung: Aber auch bei Sao Francisco de Assis (HU 62), Alegrete, Rosario und Livramento wachsend. In der Kultur sind N. glaucinus als HU 61 weit verbreitet. Die Pflanzen aus der Serra Cavera Gf 155 stimmen ganz mit der Beschreibung überein.
Am 25. Oktober waren wir von Dom Pedrito kommend wieder einmal am Nachmittag in der Gegend - und hielten an. Die Pflanzen von Gf 2272 waren nicht zu sehen - nur ihre Blüten. Die ganz flachen Körper waren von der Sonne lilabraun verbrannt, nur ganz kleine Pflanzen sind frischgrün. Dieses Phänomen kommt bei Typpflanzen von N. glaucinus ebenfalls vor. So habe ich am Originalfundort von HU 62 (N. glaucinus var. gracilis) nur grüne Pflanzen gefunden. Die kleinen grünen Pflänzchen neben einer Blüte waren die ersten, die ich richtig sehen konnte. Dann gab es wieder diese lilabraun verfärbten Pflanzen, die vertrocknete Blütenreste hatten. Ich war mir zunächst nicht sicher, ob es die gleiche Sippe wie die grasgrüne ist. Immer mehr Pflanzen entdeckte ich und dann sah ich auch die Übergänge.
Diese Blüten, die keinen geschlossenen Blütenrand bilden wie z.B. N. ottonis, sondern sich in viele sehr schmale und spitze Blütenblätter gliedern, kannte ich von N. glaucinus und auch von N. ibicuiensis. Bei denen sind die Narben auch stets durch 8 dunkelrote Narbenäste gebildet, die sich nicht spreizen. Das ist ein deutlicher Unterschied zu N. ottonis und N. arechavaletae.
Am gleichen Nachmittag betrachtete ich die Pflanzen auf und um den Palomasberg, welche ich viele Jahre als N. arechavaletae var. limiticola F. Ritter angesehen hatte. Sie sind nicht genau gleich wie die vom Kilometer 289. Ihren Blüten sind denen von N. ottonis sehr ähnlich.
Wenn Sie nicht meiner Meinung mit der Zuordnung dieser Pflanzen zu N. glaucinus sind, dann melden Sie sich bitte und schreiben Sie mir die Argumente.
Norbert Gerloff
ngerloff@aol.com
Summary
The author, Norbert GERLOFF, talks about a visit to a place 25 km east of Livramento in October 2009, where Frailea gracillima fa. lepida and Frailea gracillima ssp. albifuscata grow in conjunction with N. sellowii (Link & Otto) S. Theun., N. linkii (Lehm.) Herter and N. glaucinus F. Ritter. The author compares the plants from the Paucispini group with the description of N. glaucinus F. Ritter and comes to the conclusion that this species from the Santiago area also grows here in the central part of Rio Grande do Sul. The plants were in full bloom and the bodies coloured violet-brown by the sun. The N. sellowii in this place are all sick due to an attack of mealy bugs.
Translation by Alan Butler
Literatur
F. RITTER (1979). Kakteen in Südamerika, Band 1, Spangenberg